Um dem unerwünschten Schalleffekt in der Aula der ehemaligen ADGB-Bundesschule in Bernau entgegenzuwirken und das Licht im gesamten Raum optimal zu verteilen, brauchte es ein Material, das beide Anforderungen erfüllen konnte. Da es 1929 (zur Zeit des Baus) ein solches Material noch nicht gab, beauftragte das für den Bau verantwortliche Bauhaus aus Dessau kurzerhand eine seiner besten Weberinnen damit, in ihrer Diplomarbeit einen entsprechenden Stoff für die Aula zu entwickeln. Anni Albers entwarf einen schallisolierenden und lichtreflektierenden „Silberstoff“ – einem metallisch glänzenden Gewebe aus Zellophan, Chenille und Baumwolle. Zur Auskleidung der Aula bestellte der ADGB beim Bauhaus 300 Meter des Stoffes für zehn Reichsmark pro laufende Meter.
Der Effekt, den die 300 Meter Silberstoffauskleidung bewirkt hat, muss ein ganz beträchtlicher gewesen sein: ein silberschimmernder Wandbehang, der die gesamte Aula zum Leuchten brachte und gleichzeitig die Lärmübertragung aus den umliegenden Räumen geschickt abfing. Die gerichtete Beeinflussung von Licht durch einen Stoff war 1929 eine echte Neuheit.
Anni Albers‘ Wandbehangstoff hing noch bis zur Erweiterung und dem damit verbundenen Umbau der Bundesschule in den frühen 1950er-Jahren an den Wänden der Aula. Mit der Sanierung der Bundesschule 2002 bis 2007 wurde auch die Aula wieder teilrekonstruiert. Die Feinsanierung, wie sie bereits in den meisten Räumen abgeschlossen ist, steht hier noch aus. Farbige Markierungen merken vor, wo einst Silberstoff und Holzvertäfelung die Wände zierte.